· 

Der Baikalsee

Als wir uns am 14. Juni auf den Weg zum Baikalsee, ahnen wir noch nicht was wir hier alles erleben werden. Unser plan ist wie meistens eher wage, ein wenig Sonnenbaden, ein bisschen die Gegend erkunden und einfach mal sehen was die nächsten Tage bringen. Da das Ganze dann nicht so ruhig verläuft wie wir dachten, werde ich unsere Erfahrungen am Baikalsee in ein paar kleinere Kapitel aufteilen.


Die Landschaft

Unsere tour entlang des See´s führt uns erstmal in Richtung Olkhon. Weil wir da nur mit einer Fähre hinkommen legen wir vorher noch einen Zwischenstopp ein. Runter von der Asphaltstraße geht´s ungefähr 7 km eine Schotterpiste entlang. Wir staunen nicht schlecht als wir nach einigen Kurven plötzlich ein Festival vor der Nase haben. Wir fahren daran vorbei, auch noch an einem kleinen Dorf und Parken direkt am Fluss. Nur noch ein Hügel trennt uns jetzt vom See. Am nächsten Morgen geht es da natürlich hoch und der Ausblick ist Atemberaubend. 

Zur Insel Olkhon fällt mir als erstes ein Wort ein: Waschbrettpiste. Aber auch hier ist die Landschaft ein Traum. Vor allem diese unendlichen Weiten die Sibirien bietet sind einfach nicht in Worte zu fassen. Wir  verbringen eine Nacht direkt am See und fahren am nächsten Tag weiter nach Khuzhir, die Hauptstadt der Insel. Erst seit 2005 haben die Menschen auf Olkhon Strom. Es gibt eine "Hauptstraße" auf der Insel und unzählige Pisten führen in alle Richtungen. Weiter wollen wir wegen technischer gebrechen nicht mehr fahren, dazu später mehr, aber den Schamanenfelsen wollen wir uns natürlich schon noch ansehen.

In der nähe von Vydrino haben wir einen tollen Platz gefunden. Die Anreise war allerdings ein wenig beschwerlich, da unser Fahrzeug für die verwachsene Piste etwas zu groß ist. Also muss Andi ein paar mal raus um uns den Weg frei zu schneiden. Allerdings hat sich der Aufwand gelohnt. Leider ist das Wetter nicht mehr ganz so warm, also nichts mit Baden. Trotzdem verbringen wir hier zwei Nächte und genießen die Stille und Idylle.

Unser nächster Halt hat zwar auch kein besseres Wetter für uns parat, aber so ist das nun mal am Baikalsee, haben wir uns sagen lassen. Der Nebel zieht vom See herein und verbreitet eine mystische Stimmung. Was aber den Russen nicht vom Campen abhält.

Nach einem Zwischenstopp abseits des See´s glauben wir einen besseren Weg gefunden zu haben, als mit der Fähre, oder den Umweg über Ulan-Ude. Ein Umweg von 20 km, kein Problem. Jedoch stellt sich heraus, dass wir ungefähr 70km auf Schotter- und Dreckpisten durch´s nirgendwo fahren. Ich denke hier sind sonst nur Holzlaster unterwegs. Trotz allem sind wir irgendwann wieder auf Asphalt. Auf dem Weg zum Sabaikalski Nationalpark, wo wir mal wieder in die Berge wollen, legen wir noch einen Halt kurz vor Turka ein, wieder direkt am Strand.

Die Straße durch den Nationalpark erinnert stark an die Piste auf Olkhon. Also tuckern wir die 19km gemächlich dahin. Entlang des See´s gibt es überall Grillplätze mit Tischen, Bänken und Feuerstellen. Wir fahren so weit es geht an den Berg heran und müssen dann erstmal warten. Am nächsten Tag ist das Wetter schlecht und die Nebelschwaden verdecken die Berge. Aber tags darauf starten wir durch. Ungefähr 7,5 km geht es nach oben. Die letzten Höhenmeter quälen mich, aber der Ausblick ist die Qualen wert. 


tinka, zwischen HEIlung und selbstmord

Tinka und die Sibirische Tierwelt, ein eigenes Thema. Für die, die es nicht wissen, sie hat so ihre Erfahrungen mit anderen Hunden, weshalb sie eigentlich lieber auf Abstand geht. Hier ist das anders, sie kann sehr gut mit Straßenhunden. Und weil sie das so gut kann und wohl den Unterschied nicht direkt erkannt hat, ist uns fast das Herz in die Hose gerutscht als wir tatsächlich zwei Wölfe entdecken. Vielleicht 50 Meter von uns entfernt tauchen sie plötzlich auf. Während wir noch überlegen, ob Hund oder Wolf, beschließt Madame einfach mal drauf zu zulaufen. Alles rufen natürlich umsonst, sie hört nur wenn sie will. Glücklicherweise sind die Wölfe sehr scheu und ergreifen die Flucht. 

 

Dann wär da noch der Ziesel, das sind Erdmännchen. Wenn sie könnte würde sie stundenlang ihren Kopf in den Sand stecken und die Ziesellöcher aufbuddeln. Lieblingsbeschäftigung. Sieht dann manchmal so ähnlich aus wie beim Strauß. Wie schon erwähnt ist Tinka meistens angeleint, reine Sicherheitsmaßnahme, die gar nicht mal so übertrieben ist. Während sie nämlich seelenruhig den Kopf in eines dieser Löcher steckt, schwebt plötzlich keine 3m über ihr ein Adler. Ich könnte schwören, ich hab ein Maßband gesehen. Sie hat davon nichts mitgekriegt.

 

Sie scheint wirklich furchtlos, seit sie im Baikalsee geschwommen ist. Auch Gewitter machen ihr nicht mehr so viel aus. Soll ja heilende Kräfte haben dieser See. In wie weit das gut für sie ist, sei dahingestellt. 


Russische BEKANNTSCHAFTen und technische gebrechen

Überall wo wir hinkommen treffen wir auf tolle Menschen. Auf dem Weg nach Olkhon überholt uns kurz vor besagtem Zwischenstopp ein Auto. Zwei russische Pärchen parken genau da wo wir hin wollen. Es dauert nicht lange und schon trinken wir den ersten Wodka zusammen. Aleksandr, Nina, Sergej und Swetlana sind aus Irkutsk und machen selbst gerade einen Kurzurlaub am Baikalsee. Swetlana spricht Englisch was das ganze ein bisschen einfacher macht. Und alle finden es zum brüllen komisch wenn ich zwischendurch mal wieder die richtigen Worte auf Russisch finde. Kurze Zeit später laden sie uns ein, am nächsten Tag eine Schifffahrt zu machen. Wir nehmen dankend an. Kurz nachdem wir uns verabschiedet haben, kommt ein Laster aus dem Dorf zum Wassertanken. Vier Kinder springen vom Laster und kommen gleich auf uns zu. Ein Erwachsener war natürlich auch mit dabei. Und schon geht es los, rein mit den Kindern, raus mit den Kindern. Drumherum, wieder rein und so weiter. 

Als wir am nächsten Tag zur Mittagszeit am See ankommen staunen wir nicht schlecht. Von weitem können wir schon das Schiff erkennen und der Grill ist auch schon in betrieb. Direkt an der Anlegestelle gibts gleich mal vor der Banja was zu essen und natürlich Tee. Besagter Tee ist aber selbstgemachter Wodka, der vom 10 Liter Kanister liebevoll in eine Teekanne umgefüllt wird. Schon bevor wir ablegen muss der einen oder andere weggekippt werden. Dann fahren wir ungefähr eine Stunde mit dem Schiff zur Insel Ogoi wo sich eine buddhistische Stupa befindet. Hier wird um Fruchtbarkeit gebeten, während man dreimal um die Stupa marschiert. Wieder zurück auf dem Schiff gibt´s natürlich wieder Essen und Wodka. Nachdem wir wieder angelegt haben geht´s dann in die Banja und danach direkt in den See. Wir haben sehr viel Spaß. Der nächste Tag ist dafür umso härter.

Auf der Insel Olkhon mussten wir dann leider feststellen, dass unser Führerhaus nicht mehr in der Waage ist. Auf der Beifahrerseite hängt es um einiges tiefer als auf der Fahrerseite. Bin ich wirklich zu schwer, oder wo liegt hier das Problem? Wir können selbst nichts finden, also wollen wir auf dem Rückweg in Irkutsk in eine Werkstatt. Wieder zurück auf Asphaltstraßen und im Internet auf der Suche nach einer Werkstatt hören wir plötzlich einen Knall als wir über eine der vielen Straßenunebenheiten knattern. Rechts rangefahren, gesucht, nichts gefunden. Wir sind nun ja schon auf dem Weg in die Werkstatt, also weiter. Natürlich unangemeldet fahren wir zur auserwählten Werkstatt und wieder wird uns sofort geholfen. Die Mechaniker haben auch schnell einen Fehler gefunden. Das Führerhaus ist vorne auf Gummipuffern gelagert, der auf der Beifahrerseite ist durchgedrückt. Kurz überlegt und schon wird ein Stück Gummi reingebastelt. Sieht wieder gut aus und erfüllt seinen Zweck. Bezahlen müssen wir nichts, aber wir lassen unsere letzten Biere da. 

In Posol´skoye lernen wir die Mannschaft des russischen Rettungsdienstes kennen, oder besser gesagt, werden von ihnen gerettet. Zwar nicht im herkömmlichen Sinn, aber sie helfen uns wirklich aus der Patsche. Beim Wassertanken nutzen wir die Zeit und machen uns auf Fehlersuche am Fahrzeug, mal wieder. Irgendwas stimmt nicht und auch den Knall können wir uns immer noch nicht erklären.  Diesmal werden wir auch endlich fündig, die Aufhängung vom Führerhaus, hinten ist abgerissen. Nun stehen wir am Samstagabend in diesem kleinen Dorf und brauchen dringend einen Schweißer. Erstmal stützen wir das Führerhaus provisorisch mit Holzklötzen und versuchen dann jemanden zu finden der uns helfen kann. Wir fragen drei Männer die gerade eine Hütte bauen und einer von ihnen steigt zu uns ein und zeigt uns den Weg. Brauereiduft macht sich breit. Doch er bringt uns zu besagtem Rettungsdienst, wo kurz darauf auch Alexey auftaucht, der Chef. Die Köpfe werden in den Radkasten gesteckt und das Malheur begutachtet. Sie werden uns helfen, wir sind schon mal erleichtert. Es dauert nicht lange und der Schweißer rückt an. Anton heißt der gute Mann. Andi, Anton und Alexey versuchen mit Händen, Füßen, Zettel, Stift und Google Translate eine Lösung zu finden. Währenddessen kommt der Rest der Mannschaft von einem Einsatz zurück. Sie haben gerade eine Wasserlaiche geborgen und lassen es sich nicht nehmen uns ein Foto zu zeigen. Anton schafft es glücklicherweise das ganze zu Schweißen, bis jetzt kann ich nur sagen, es hält. Wir sind erleichtert und dankbar als es endlich geschafft ist und wollen uns erkenntlich zeigen. Wieder will niemand bezahlt werden. Nach kurzem hin und her fährt Andi aber mit Anton ins Geschäft und kauft einige Biere für ihn und die Mannschaft. Nichtmal das wollen sie annehmen, müssen sie aber.

Bevor wir wieder an den See fahren, bekommen wir noch eine Führung in der Station. Die Fahrzeuge, das Beugewerkzeug, die Taucherausrüstung, alles wird Begutachtet. Alexey möchte wissen was wir jetzt noch vor haben und will uns später mit seiner Frau Oksana besuchen. Es dauert auch nicht lange und die beiden stehen vor unserer Tür. Er bringt sogar noch die hälfte der Palette Bier mit, die wir für sie gekauft hatten. Oksana holt dann noch ihr Abendessen, wir kochen fertig und es kommt alles auf den Tisch. Wodka gibt es auch, wie soll es anders sein. Alles mögliche wird in die Smartphones gequatscht und übersetzt. Dauert etwas länger, aber funktioniert und zwischendurch brilliert Alexey mit seinen Deutschkenntnissen aus Schulzeiten und ich gebe mein Russisch zum besten. Als wir uns verabschieden, laden sie uns noch ein, sie zu besuchen, bevor wir am nächsten Tag das Dorf verlassen. Gesagt getan. Nach einem Spaziergang im Nebel machen wir uns auf den Weg zu den beiden. Oksana hat extra gekocht, es gibt Borschtsch und dazu, so wie es sich gehört, Wodka. Andi muss noch fahren, aber ich habe keine Ausrede. Zur Nachspeise dann noch einen ganzen Stoß Blini´s (Pfannkuchen) mit hausgemachter Marmelade, wovon wir auch noch mit auf den Weg bekommen. Ein Gedicht. Schweren Herzens müssen wir uns dann aber wirklich auf den Weg machen. 

Kurz vor Turka, wo wir zwar am Strand parken, aber den Regen im WOMO aussitzen, winkt uns ein russisches Pärchen nach draußen. Jura und Marina sind in der Nacht angekommen. Sie waren schon ganz neugierig wer wir denn sind. Sofort laden sie uns ein zu ihnen rüber zu kommen, sie sitzen im Regen am Lagerfeuer. In Sibirien ganz normal. Wir haben gerade gefrühstückt und ich muss schon wieder Bier trinken. Nur "chut-chut", was auf Russisch ein bisschen bedeutet. Wird aber nicht allzu ernst genommen. Andi bleibt wieder verschont, er muss ja noch fahren. Nach einer Weile brechen wir auf, wir wollen ja morgen Wandern. Das tun wir auch und als wir von unserer Wanderung zurück kommen begutachten gerade drei Russen unser Fahrzeug. Wir haben keine Internetverbindung, also nichts mit Google Translate. Aber, ich mach das schon. Einer von ihnen spricht ein kleines bisschen englisch und ich eben russisch. Wir unterhalten uns blendend. Nach einer Weile verabschieden wir uns, um 5 Minuten später wieder aufeinander zu treffen. Da sitzen sie am Ufer und, wer hätte das gedacht, es gibt Wodka. Und natürlich müssen wir jetzt auch welchen trinken. Also ich vor allem, Andi muss ja fahren. Sie wollen Fotos mit uns machen und wir kommen uns vor wie Promi´s. Sehr lustig mit den dreien, aber auch dieser Spaß hat ein Ende, sie müssen wieder arbeiten und wir müssen weiter. Eine letzte. Nacht verbringen wir noch am See. Plötzlich spazieren drei Deutsche den Strand entlang. Tut auch mal wieder gut sich auf Deutsch zu unterhalten. Beflügelt von all den tollen Begegnungen lassen wir den Baikalsee am Freitag den 28. Juni hinter uns und zwar mit einem lauten Knall. Kaum, dass wir den See nicht mehr sehen können, ist es vorbei mit der guten Stimmung. Uns ist ein Reifen geplatzt. Glücklicherweise konnte Andi schlimmeres verhindern und wir kamen nach einigen Metern am Straßenrand zum stehen. Wir haben noch nicht mal richtig registriert was passiert ist, da bleiben zwei Russen stehen um uns zu helfen. Sie helfen Andi die Radmuttern zu lösen während ich mal die Reifenteile und was sonst noch so flöten gegangen ist von der Straße räume. Dann müssen wir aber auf eigene Faust zurecht kommen. Also tauschen wir den kaputten Reifen gegen ein Ersatzrad und machen uns auf den Weg nach Ulan-Ude. Wir haben ja noch keine Ahnung was uns da erwartet...

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Alexander (Donnerstag, 04 Juli 2019 09:55)

    Schön eure Abenteuer zu lesen.
    Eindrücke fürs Leben.
    Freue mich schon auf die nächsten Geschichten.
    Lg

  • #2

    Sonja schameena (Donnerstag, 04 Juli 2019 23:24)

    hallo ihr drei!
    baikalsee soooo traumhaft !
    danke für die wunderschönen fotos und dokumentationen !
    aber auch trotz pannen -habt ihr alles im griff ! ihr macht das spitze !
    action every day - würde arnold schwarzenegger sagen !
    alles liebe wünsch ich euch ! mam

  • #3

    Sonsch (Montag, 12 August 2019 20:19)

    unglaublich.. tolle geschichten! :) weiter so!
    xund bleim :*